An vielen deutschen Schulen fehlen Lehrer*innen. Im Wahlkampf werben alle Parteien daher gerne damit, dass sie neue Lehrkräfte einstellen wollen. Bei der Suche nach Nachwuchs wird die Konkurrenz der Wirtschaft angesichts des Fachkräftemangels in den nächsten Jahren aber noch zunehmen. Wie schlägt sich der Lehrer-Beruf in diesem Wettbewerb? Ein fiktives Gespräch an einem Lehramts-Stand auf einer Messe für Studien- und Berufsanfänger*innen.
Die Landtagswahl liegt nun ein paar Wochen zurück. Die Partei des neuen Kultusministers hatte vor der Wahl die Einstellung Tausender Lehrer*innen versprochen. Das will er nun auch wirklich umsetzen. Seine Strategie, um das neue Personal zu werben: „Wir müssen die Menschen einfach mehr darüber informieren, was das das für ein toller Beruf ist.“
Das Ministerium startet auf Geheiß des Ministers eine Informationskampagne. Neben bunten Postkarten mit flapsigen Sprüchen ist man auch verstärkt auf Messen für Studien- und Berufsanfänger*innen präsent. An den Ständen stehen Lehrer*innen aus der Praxis, die den jungen Menschen authentisch die Begeisterung für ihren Beruf vermitteln sollen. Dort trifft der junge Sven Sawatzki, der gerade Abitur gemacht hat, auf Liane Lindner – Lehrerin für Deutsch und Chemie. Es entspinnt sich folgender Dialog:
Sven: Ich interessiere mich wirklich sehr für den Lehrer*innen-Beruf. Mir scheint das einfach eine sinnvolle Tätigkeit zu sein. Ich will keinen Job, in dem es nur um’s Geld verdienen geht.
Liane: Ja, das ist wirklich toll. Man muss sich selten die Sinnfrage stellen, wenn man mit Kindern zusammenarbeitet. Allerdings gibt es auch viel Bürokratie – das kann auch frustrierend sein, weil man dann zu wenig Zeit für die eigentlich wichtigen Dinge hat.
S: Bürokratie? Was meinst Du damit? Darf ich überhaupt Du sagen?
L: Klar, wir können uns gerne duzen. Sehr viel Bürokratie entsteht durch den Zwang zur Bewertung. Die Durchführung von Prüfungen und Erstellung von Noten und Zeugnissen bedeutet sehr viel Arbeit. Ich frage mich schon manchmal, ob es nicht sinnvoller und förderlicher für das Lernen wäre, diese Zeit in die konkrete Arbeit mit den Kindern zu investieren. Aber auch sonst gibt es viel Papierkram: Für sehr viele Dinge müssen Anträge oder Konzepte erstellt werden. Das fühlt sich nicht so sinnvoll an. Aber die Arbeit mit den Kindern ist oft doch sehr bereichernd.
Fehlende Unterstützung durch Fachkräfte
S: Wobei ich immer wieder höre, dass die Kinder von heute so anstrengend sind.
L: Ach, über die „Jugend von heute“ wurde ja angeblich schon in der Antike geklagt. Aber klar, es gibt schon sehr herausfordernde Kinder. Das liegt nicht nur an den Schüler*innen selbst, sondern manchmal auch an den Eltern, die zu wenig oder manchmal auch zu viel unterstützen. Und auch Corona ist nicht spurlos an den Kindern vorbei gegangen. Aber auch bei diesen Schüler*innen bleibt der Beruf ja sinnvoll. Mich frustriert eher, dass man einfach zu wenig Zeit hat, sich wirklich mit den Kindern und ihren Problemen zu beschäftigten. Und es gibt einfach zu wenige Schulsozialarbeiter*innen oder Psychologen an den Schulen, die das nötige Know-How haben und sich hauptamtlich darum kümmern. Da bleibt viel an den Lehrer*innen hängen, die da gar nicht für ausgebildet sind.
S: Welche Unterstützung bekommen Lehrkräfte denn überhaupt? Die müssen ja eigentlich vor allem unterrichten.
L: Tja, das ist echt ein Problem. An Schulen müssen Lehrer*innen sehr viele Aufgaben erledigen, die so gar nichts mit Unterricht zu tun haben – zum Beispiel auch bei der Digitalisierung. Leider sind kaum andere Berufe vertreten, die eigentlich helfen könnten.
S: Jetzt hörst Du Dich aber ziemlich frustriert an.
L: Oh je, sollte gar nicht so rüber kommen. Die Zusammenarbeit mit Schüler*innen macht sehr oft auch einfach Spaß. Ich lache viel im Klassenzimmer. Und es ist einfach eine große Freude zu erleben, wenn Schüler*innen etwas lernen und voran kommen. Gerade wenn man Schüler*innen und ihre Ideen und Probleme ernst nimmt, entwickelt man manchmal auch ein gutes persönliches Verhältnis zu den jungen Menschen. Manchmal melden sich Schüler*innen noch Jahre nach ihrem Schulabschluss. Dann merkt man schon, dass man das Leben von einigen positiv beeinflussen konnte – das ist ein schönes Gefühl. Gerade weil einem die jungen Menschen an Herz wachsen, ist es aber schwer zu ertragen, dass sie sich oft in der Schule auch unwohl fühlen.
S: Was meinst Du damit?
L: Naja, frag Dich mal selbst, wie viel Prozent Deiner Schulzeit Du als spannend oder sinnvoll erlebt hast. Und wie oft Dich nur der Leistungsdruck dazu gebracht hat, für die Schule zu arbeiten. Das liegt manchmal sicherlich auch an den Lehrer*innen – da muss ich mich selber in Frage stellen. Du kannst das vielleicht irgendwann mal besser machen. Vieles hat aber auch mit dem Schulsystem zu tun, das sich in den letzten Jahrzehnten kaum geändert hat: Selbst nach der Corona-Krise gibt es kaum Schulpolitiker*innen, die wirklich etwas verändern möchten. Ich stelle mir da schon manchmal die Frage nach einem richtigen Lehrerleben in einem falschen Schulsystem. Manchmal habe ich das Gefühl, dass das ein Kampf gegen Windmühlen ist.
S: Hört sich anstrengend an. Aber immerhin hat man ja ziemlich lange Ferien. Da kann man sich dann ja von dem Stress erholen.
L: Klar, auch das ist natürlich ein unbestreitbarer Vorteil. Vor allem die Sommerferien sind natürlich toll. Aber Du musst schon bedenken, dass Ferien nicht immer frei bedeutet. So nutzen viele Lehrer*innen Ferien dazu, Klassenarbeiten zu korrigieren oder mal in Ruhe Unterricht vorzubereiten. Vor allem die Menge der Korrekturen hängt stark von der Schulform und den Fächern ab. Mit der Fächerkombination Deutsch/Englisch wirst Du zum Beispiel sehr viel Zeit am Schreibtisch verbringen – auch an Wochenenden und in den Ferien.
Ungerechte Verteilung der Arbeitslast
S: Gibt es da keinen Ausgleich?
L: Es ist leider ein großes Problem, dass im Schulsystem die Arbeitslast nicht immer gerecht verteilt wird. Alle Lehrer*innen müssen eine bestimmte Stundenzahl unterrichten. Dabei wird in der Regel nicht unterschieden, welche Fächer man hat oder was man sonst noch für Aufgaben in der Schule übernimmt. Die Arbeitszeit unterscheidet sich deswegen teilweise sehr stark. Laut Studien gibt es viele Lehrer*innen die mehr als 50 Stunden pro Woche arbeiten. Manche arbeiten mit einer Vollzeitstelle aber auch deutlich weniger als 40 Stunden.
S: Das ist doch total ungerecht.
L: Das kann man natürlich so sehen. Manche Bundesländer versuchen die verschiedenen Belastungen etwas auszugleichen – etwa Hamburg. Aber was überall fehlt, ist eine echte Arbeitszeiterfassung. Überstunden kann man also nicht abfeiern. Und sie werden auch nicht bezahlt. Gerade weil die meisten Lehrkräfte Überstunden machen, ist das ein echter Nachteil des Berufs.
S: Ist das Gehalt denn wenigstens gut?
L: Das kann man eigentlich schon sagen. Lehrer*innen werden in Deutschland gut bezahlt – vor allem im Vergleich zu anderen Berufen im pädagogischen Bereich. Auch im internationalen Vergleich hat man als Lehrer in Deutschland einen vergleichsweise hohen Lohn. Allerdings hängt das Gehalt auch von der Schulform ab, für die Du Dich entscheidest. Lehrer*innen am Gymnasium verdienen am meisten, Lehrkräfte an Grundschulen am wenigsten. Manche Bundesländer ändern das gerade, andere aber auch nicht. Da solltest Du genau drauf achten.
S: Wieso gibt es denn überhaupt Unterschiede beim Gehalt zwischen den Schulformen? Ich stelle mir gerade die Arbeit an Grundschulen besonders anspruchsvoll vor?
L: Das hat eher historische Gründe. Gut begründen lässt sich das heute eigentlich nicht mehr. Politiker*innen kündigen immer mal wieder an das zu ändern und die Gehälter anzugleichen. Das kostet aber eben Geld. Und der Investitionsbedarf ist derzeit groß. So müssen derzeit ohnehin viele Schulen neu gebaut oder aufwändig saniert werden.
S: Oh ja, ich kann mich erinnern, dass unsere Schule auch in vielen Ecken nicht sonderlich schön war.
L: Ja, oft sind es auch hier die Lehrer*innen die zusammen mit Schüler*innen und Eltern die Klassenräume renovieren. Der Nachholbedarf ist aber ja auch bei der Digitalisierung sehr groß. Viele Schulen haben immer noch keinen schnellen Internetanschluss und kein flächendeckendes WLAN.
Verschlafene Digitalisierung
S: Das hat sich ja auch während der Corona-Lockdowns gezeigt. Ich kenne mich aber bei Digitalisierung gut aus und könnte sicherlich frischen Wind rein bringen.
L: Super, da gibt es viel zu tun! Leider ist die Ausstattung aber immer noch nicht gut. In vielen Schulen gibt es immer noch kein funktionierendes WLAN. Es gibt zwar Geld aus dem Digitalpakt. Viele Städten und Gemeinden tun sich aber schwer damit das Geld abzurufen und auszugeben, weil ihnen das fachkundige Personal in den Rathäusern fehlt. Teilweise wurden nun zwar Dienstgeräte angeschafft. Die sind aber nicht selten für die Arbeit ungeeignet. Deswegen arbeiten viele Lehrer*innen mit den eigenen Geräten.
S: Man muss seinen eigenen Computer bezahlen? Das ist ja verrückt.
L: Man muss leider eigentlich fast alles Arbeitsmaterial selber bezahlen. Da kommt schon eine Menge zusammen. Die Ausgaben kann man aber von der Steuer absetzen.
S: Was meinst Du mit Arbeitsmaterialien?
L: Naja, für die Vorbereitung und Durchführung von Unterricht braucht man ja sehr viele Materialien: Bücher, Apps, Materialsammlungen, Bastel-Material, Büro-Bedarf. Diesen Kram bekommt man aber nur zum Teil von der Schule gestellt. Den Rest muss man selber bezahlen. Das gilt zum Beispiel auch für die Einrichtung im Home-Office.
S: Hat man in der Schule denn keinen Arbeitsplatz?
L: Nein, einen eigenen Schreibtisch hast Du in der Regel nicht – wenn Du nicht gerade Schulleiter bist.
S: Was ist mit dem Lehrerzimmer?
L: Die meisten Lehrerzimmer sind zu klein, als dass alle dort einen Platz finden könnten. Beim Bau von Schulen sind schlichtweg meistens keine Arbeitsplätze für Lehrer*innen eingeplant worden. Deswegen arbeiten so gut wie alle Lehrer*innen außerhalb der Unterrichtszeit zu Hause.
S: Das bedeutet aber, dass ich zu Hause mehr Platz für ein Arbeitszimmer brauche, oder? Da muss man also mehr Geld für Miete einplanen?
L: Leider ja. Du kannst das Arbeitszimmer aber auch von der Steuer absetzen.
Zu wenig Raum für Team-Work
S: Aber ich stelle mir das schon doof vor, immer alleine zu Hause zu arbeiten. Ich arbeite gerne im Team.
L: Das ist als Lehrer*in leider gar nicht so einfach: Oft fehlt es nicht nur an Arbeitsplätzen in der Schule, sondern auch an Zeitfenstern, wo man zusammenarbeiten kann. Manche Schulen versuchen da aber Lösungen zu finden. Doch an vielen Schulen sind Lehrer*innen doch zu oft Einzelkämpfer. Das hat sicherlich auch Vorteile: Schließlich kannst Du dadurch auch sehr eigenverantwortlich arbeiten und Deine eigenen Vorstellungen umsetzen.
S: Das ist doch gut. Und wenn ich mehr Teamwork will, wechsele ich einfach an eine andere Schule.
L: Da muss ich leider darauf hinweisen, dass das nicht so einfach möglich ist. Lehrer*innen sind ja oft Beamte – und da gibt es besondere Vorgaben.
S: Stimmt. Als Beamter kann man auch nicht gekündigt werden, oder? Das ist doch super.
L: Das stimmt. Gerade in Krisen-Zeiten ist es natürlich toll, einen sicheren Job zu haben. Aber die Sicherheit hat auch ihren Preis. Du kannst zum Beispiel eben Deinen Arbeitsplatz nicht einfach wechseln, wenn Du einmal an einer Schule gelandet bist, die Dir nicht gefällt.
S: Wieso? Du kannst doch nicht gezwungen werden, an einer Schule zu arbeiten.
L: Ein bisschen ist das schon so: Wenn Du einmal an einer Schule bist, kannst Du nicht einfach wechseln. Du musst dann einen Versetzungsantrag stellen. Den kann Deine Schulleitung dann mehrere Jahre ablehnen – etwa weil sie Deine Fächer braucht. Und Du kannst auch ohne Deine Zustimmung an eine andere Schule versetzt werden, zu der Du einen weiteren Anfahrtsweg hast. Durch den Lehrkräftemangel wird das wahrscheinlich künftig öfter passieren.
S: Naja, aber wenn es mir dann so gar nicht gefällt, kann man ja auch den Beruf wechseln.
L: Es ist gar nicht so einfach, als Lehrer in einem anderen Beruf Fuß zu fassen. Die Wirtschaft wartet nicht unbedingt auf die Kompetenzen von Lehrer*innen. Man muss zudem Einbußen beim Gehalt und bei den Altersbezügen hinnehmen.
L: Aber kann ich dann nicht einfach als Lehrer arbeiten, ohne Beamter zu werden?
S: Das geht schon. Es gibt auch einige Bundesländer, in denen Lehrer nur selten verbeamtet sind. Allerdings bedeutet das auch, dass Du deutlich weniger Geld bekommst.
S: Was? Wenn man nur angestellt ist, kriegt man für die selbe Arbeit weniger Geld?
L: Ja, und zwar deutlich weniger Geld – auch später in der Rente.
Eingeschränkte Aufstiegsmöglichkeiten
S: Das gibt mir schon zu denken. Ich möchte mich eigentlich nicht bis ans Lebensende auf einen Job festlegen. Wie sieht es denn mit Aufstiegschancen aus? Kann man sein Gehalt nicht durch gute Arbeit steigern?
L: Das Gehalt steigt mit den Dienstjahren automatisch. Das kann man natürlich positiv sehen. Man kann sich aber auch ärgern, dass sich die Leistung so gut wie gar nicht auf das Gehalt auswirkt.
S: Kann man nicht auch als Lehrer befördert werden?
L: Doch, sogenannte Beförderungsstellen kann man zum Beispiel bekommen, wenn man Aufgaben in der Schulleitung übernimmt. Dann verbringt man aber oft mehr Zeit mit Verwaltung als mit Kindern. Natürlich kann man aber als Schulleiter*in viel bewegen und Schulen zum Besseren verändern. Aber die Belastung ist sehr hoch – und die Gestaltungsspielräume eingeschränkt. Und an den meisten Schulformen gibt es für die große Verantwortung in der Schulleitung auch kaum mehr Geld. Für andere Tätigkeiten gibt es Beförderungsstellen eigentlich nur an Gymnasien in größerer Zahl. Das ist genauso ungerecht wie beim Gehalt. Und wenn man so eine Stelle haben will, muss man meistens etwas machen, was nichts mit Unterricht zu tun hat – den Vertretungsplan zum Beispiel oder IT-Administration.
H: Aber was ist, wenn man einfach nur ein richtig guter Lehrer sein will?
S: Letztlich hast Du davon nichts. Es gibt in diesem Bereich keine Aufstiegsmöglichkeiten.
S: Aber inwiefern lohnt sich dann überhaupt Leistung beim Unterrichten?
L: Streng genommen gar nicht. Aber die Arbeit mit den Schüler*innen macht natürlich viel mehr Spaß, wenn der Unterricht gut ist. Leider hat man aber auch viele andere Aufgaben, so dass der Unterricht oft leider zu kurz kommt.
S: Wieso das? Ich habe mir immer vorgestellt, dass Lehrer*innen hauptsächlich ihre Fächer unterrichten.
Aufgaben wachsen, Personal nicht
L: Ich weiß gar nicht, wie es früher war. Aber in den vergangenen Jahren sind immer mehr Aufgaben an die Schulen vergeben worden. Diese müssen die Schulleitungen dann an die Lehrer*innen verteilen. Leider gab es für die neuen Aufgaben sehr oft keine Unterstützung oder zusätzlichen Stellen. Dazu kommt jetzt vielerorts der Mangel an Lehrkräften. Deswegen bleiben viele Stellen unbesetzt. Die Lücken müssen dann oft andere Lehrer*innen füllen und Überstunden machen. In Sachsen-Anhalt zum Beispiel müssen inzwischen sogar alle Lehrkräfte eine Stunde mehr unterrichten. Deswegen bleibt immer weniger Zeit, um Unterricht vorzubereiten. Schade eigentlich – das macht mir eigentlich immer noch am meisten Spaß.
S: Puh, das hört sich aber alles nicht nach guten Arbeitsbedingungen an. Was aber doch cool ist, ist dass man seine Interessen zum Beruf machen kann, oder? Ich stelle es mir toll vor, dafür bezahlt zu werden, sich mit Literatur zu beschäftigen.
L: Das stimmt schon. Oft muss ich aber Dinge unterrichten, die ich selber und die Schüler*innen nicht so wichtig finden. Ich bin ja an Lehrpläne gebunden, die oft viel zu voll sind. Viel Zeit verbringe ich damit, die Schüler*innen auf bestimmte Prüfungsformate vorzubereiten. Das erschwert es mir wirklich Begeisterung für Literatur zu wecken. Die Freiräume sind einfach durch Lehrpläne und standardisierte Prüfungen wie das Zentralabitur sehr eingeschränkt.
S: Gibt es denn dann überhaupt Gestaltungsspielräume?
L: Eigentlich schon: Man kann schon sehr viel gestalten und umsetzen, wenn man Zeit dafür findet. Das ist schon ein sehr guter Aspekt an diesem Beruf. Es gibt zwar für vieles Regeln und Vorschriften. Aber dazwischen findet man schon noch viele Gestaltungsspielräume: Man kann an der eigenen Schule viel bewegen und auf die Beine stellen – zusammen mit Kolleg*innen aber auch mit Schüler*innen.
S: Das ist doch super. Und im Klassenraum ist man doch auch sein eigener Chef, oder?
L: Ja, das stimmt. Ich glaube auch viele unterschätzen, dass Lehrer eine sehr kreativer Beruf ist. Mir macht es viel Spaß darüber nachzudenken, wie Lernsettings für Schüler*innen aussehen können, die für Spaß und Interesse sorgen. Guter Unterricht kann wie ein Kunstwerk sein, das die Schulen herausfordert, zum Nachdenken anregt, manchmal sogar nachhaltig verändert. Das Problem ist aber wie gesagt, dass oft die Zeit fehlt, Dinge so zu gestalten, wie man gerne möchte. Es gibt deshalb viele Lehrer*innen die in Teilzeit arbeiten, damit sie ihren Job trotz der vielen Aufgaben gut machen können ohne unter Überlastung einzuknicken.
S: Puh, Lehrer verzichten frewillig auf Geld, damit sie ihre Arbeit gut machen können? Das ist ja verrückt. Dabei wird doch immer behauptet, Lehrer*innen hätten so viel Freizeit!? Aber gut ist ja, dass man als Lehrer*in relativ flexibel bei der Arbeitszeit ist.
L: Ja, das stimmt. Und zu gibt es inzwischen Bundesländer, in denen die Möglichkeiten für Teilzeit eingeschränkt werden sollen, um dem Lehrkräftemängel zu begegnen.
S: Krass. An den anderen Ständen hier auf der Messe haben alle Unternehmen mit flexiblen Arbeitszeitmodelle geworben. Ich glaube nicht, dass man mehr Lehrer*innen findet, wenn man ihre Freiheit weiter beschneidet… Ganz ehrlich, würdest Du mir überhaupt dazu raten, Lehrer zu werden?
L: Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. Du gehörst schließlich zu einer Generation, bei der sich die Arbeitgeber um guten Nachwuchs reißen und mit besonders guten Konditionen locken werden. Eigentlich müssten die Schulpolitiker*innen deswegen anfangen, die Arbeitsbedingungen an den Schulen deutlich zu verbessern. Leider ist bislang aber kaum absehbar, dass sich etwas ändert. Die Frage ist also, ob Du das in Kauf nehmen willst, um einen sinnvollen und für die Gesellschaft wichtigen Beruf zu ergreifen.
S: Darüber muss ich nachdenken. Habt ihr hier eigentlich irgendwelche Give-Aways?
L: Ja, klar. Guck mal, wir haben diese bunten Postkarten mit flapsigen Sprüchen!